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C_the_unseen: ungesehene Schätze aus dem Museum - Februar 2025

Bernstein-Inklusen – Tod im Harz

Die leichten, weichen, meist durchscheinenden Bröckchen einer goldglänzenden, brennbaren Substanz (Bernstein kommt von „Brennstein“) faszinieren die Menschen seit Jahrtausenden. Im Norden Europas an Meeresküsten gesammelt, waren die rätselhaften Steine schon in der Bronzezeit eine begehrte Tauschware.

Um die Entstehung von Bernstein rankten sich seit der Antike Theorien und Mythen. So wurde zum Beispiel geglaubt, Bernstein sei in der Sonne erhärteter Luchsurin („Luchsstein“ bzw. Lyncirium). Eine andere Sage deutet ihn als zu Stein gewordene „Tränen der Heliaden“, der Töchter des Sonnengottes Helios, die den Tod ihres Bruders Phaeton beweinen.

In der Realität ist der Bildungsprozess des Bernsteins viel prosaischer. Durch Stammverletzungen oder Einwirkungen von Umweltfaktoren kommt es dazu, dass Nadelbäume – aber auch einige Laubgehölze – Harz absondern. Die verschiedenförmigen Harztropfen laufen am Baum herab und können dabei andere Organismen einschließen, die sich auf ihrem Weg befinden und manchmal sogar vom Geschehen angelockt werden. Das Harz erhärtet zwar relativ schnell, braucht aber trotzdem mehrere hunderttausend Jahre, um unter Luftabschluss vollständig zu „versteinern“. Der Großteil der Bernsteine fällt der Verwitterung zum Opfer.

Der Informationsgehalt von Bernstein-Inklusen – d. h., im Bernstein eingeschlossenen Organismenresten – ist immens. Wenngleich es, anders als bei „Jurassic Park“, nie gelingen wird, aus einer Mücke im Bernstein die DNA eines Dinosauriers zu extrahieren, kann doch die Mücke selbst bis ins kleinste Detail studiert werden. Die lebensnahe, vollkörperliche Erhaltung der Fossilien im Bernstein, verbunden mit modernen zerstörungsfreien Untersuchungsmethoden, gibt unvergleichliche Einblicke in die Lebewelt vergangener Zeiten.

Das abgebildete Stück baltischen Bernsteins enthält einen Pseudoskorpion. Diese winzigen Gliederfüßer – ohne Lupe meist kaum sichtbar – zählen wie die Skorpione zu den Spinnentieren, besitzen aber im Unterschied zu diesen keinen Giftstachel, und ihr Hinterleib ist nicht geteilt. Auch ihre markanten Sinneshaare, mit denen sie partiell sogar Schallwellen wahrnehmen können, fallen dem Betrachter sofort ins Auge. Pseudoskorpione bewohnen die Erde bereits seit dem mittleren Devon, sind somit teilweise bis zu 390 Mio. Jahre alt. Sie ernähren sich von anderen Gliederfüßern wie Ameisen, Milben, Staubläusen oder Springschwänzen, die sie mit ihren „Scherenfingern“ greifen und mit Gift – aus den Giftdrüsen an den Scheren – lähmen. Abhängig von der Größe des Pseudoskorpions wird das Beutetier im Anschluss zerrissen oder seine Körperhülle angebissen, um es auszusaugen.

Die kleinen Raubtiere sind nicht nur weltweit – v. a. in tropischen und subtropischen Arealen – verbreitet, sondern werden gelegentlich auch in Wohnungen angetroffen. Dort leben die Kleinsttiere auch gerne zwischen Büchern. Deshalb wird der in Mitteleuropa bekannteste Pseudoskorpion Chelifer cancroides auch als Bücherskorpion bezeichnet. Dieser zeichnet sich nicht nur durch seinen Lebensraum, sondern auch sein Nahrungsspektrum aus. Bücherskorpione fressen nämlich, unter bestimmten Umständen, die sogenannten Varroamilben, welche durch die Übertragung von Viren und Bakterien ganze Bienenvölker auslöschen können. Noch ist nicht belegt, ob eine signifikante Reduktion der Milben durch den Bücherskorpion erzielt werden kann, er hätte aber das Potenzial, ein sehr gern gesehener Gast zum Schutz von Bienenstöcken zu werden.

Auch dem Menschen könnte der Bücherskorpion helfen, denn sein Gift – welches, genau wie das der übrigen Pseudoskorpione, in der Regel für den Menschen ungefährlich ist – hat eine antibiotische Wirkung gegen gewisse Krankenhauskeime. Aktuell wird zu den Einsatzmöglichkeiten dieses Giftes geforscht.

Im Museum für Naturkunde Chemnitz kann man den abgebildeten Bernstein mit der Pseudoskorpion-Inkluse im Insektarium betrachten oder sich für ein museumspädagogisches Angebot zum Thema Bernsteine anmelden.

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Museum für Naturkunde Chemnitz | Moritzstraße 20, 09111Chemnitz
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